Mama-Streit: Öffentlich stillen?

17. Februar 2017

Katharina The Nachtsheim Session - Part One12.2.2014@ Niels Starnick

Über kaum ein Thema kriegt man sich so leicht in die Haare wie über die Frage „Sollten Mütter in der Öffentlichkeit ihr Baby stillen?“ Es gibt Petitionen dafür, wütende Artikel dagegen – und eigentlich hat jeder, wirklich jeder, dazu eine Meinung. Ich auch. Und die ist: Soll jede Mutter so machen, wie es sich für sie gut anfühlt. Ich werde garantiert niemandem sagen, was er zu tun oder zu lassen hat.

Aber ich kann sagen, warum ICH mich nie zu 100 Prozent damit wohlgefühlt habe, meine Babys im Café oder in der Bahn oder auf dem Spielplatz zu stillen.

Und dabei ging es nicht darum, dass sich irgendwer durch den Anblick meiner Brust gestört fühlen könnte. Es ging allein darum, dass es nicht so wirklich zu mir und meinem Baby passte.

Meine Stillzeiten waren nämlich nicht gerade problemlos. Ich sah aus wie Dolly Buster, hätte Zwillinge ernähren können. Meine Babys aber waren leicht ablenkbar und guckten oft lieber in der Luft herum, als zu trinken. Die Folge: Häufiger Milchstau.

Ich merkte: Umso mehr um uns herum los ist, desto schlechter trinkt das Baby. Waren wir gemütlich bei uns zu Hause auf dem Sofa, klappte es wesentlich besser.

Deshalb habe ich, gerade zu Anfang, tatsächlich meine Ausflüge nach draußen, zwischen zwei Stillmahlzeiten gelegt. Ja, das schränkte mich ein. Ja, dadurch hatte ich weniger Freiheit.

Aber dafür hatte ich auch weniger Probleme mit dem Stillen. Zudem gaben mir die Auszeiten auf dem Sofa Zäsuren im Tag. Es waren ruhige Minuten, die nur mir und dem Baby gehörten. Das fand ich schön und genoss es.

Ich denke, bei dem Thema „Stillen in der Öffentlichkeit“ sollte es überhaupt nicht darum gehen, wie sich der Mann im Café oder die Frau am Restauranttisch nebenan fühlt, sondern allein darum, wie die stillende Mutter sich fühlt. Wir Frauen sind alle eben höchst unterschiedlich. Das merkte ich, als neulich eine Mutter an der Supermarktkasse (!!!) neben mir ihr Baby stillte. Ich war perplex, denn das wäre wirklich gar nichts für mich gewesen. Sie dagegen lächelte mich an, war ganz bei sich und fand das alles selbstverständlich. Ich lächelte zurück – und alles war gut.

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Ich weiß noch genau, wie wir damals Besuch aus der alten Heimat hatten, ein kinderloses Paar und wir gerade Eltern geworden. Ich gebe zu: Ich wollte es ihnen beweisen. Ich wollte ihnen zeigen, dass man mit Baby genauso weiterleben kann wie zuvor – ja, man kann es naiv nennen, aber ich befand mich noch mitten in den rosa-roten Wolken des Wochenbettes und für meine Gefühle kann ich ja nichts. Wir wollten also ein bisschen Sightseeing machen, wir wohnten damals noch in der Hauptstadt und die hat schließlich viel zu bieten. Und ich erinnere mich genau an den Blick unserer Besucher, als ich sagte: „Wollen wir schon los, dann würd ich die Kleene einfach in der Straßenbahn stillen!?“ Doch statt Applaus erntete ich fragende Blicke. In der Straßenbahn? Na klar, ich bin und bleibe doch flexibel! Auch mit Kind! Und das blieb ich tatsächlich. Besonders, als nach dem ersten Kind gleich Zwillinge kamen. Denn wer schon einmal Zwillinge gestillt hat, der wird wissen: Irgendwer hat immer Hunger!

Ich habe also in der Kita-Garderobe gestillt, wenn ich mit den Kleinen im Schlepptau die „Große“ abholte. Ich habe am Spielplatz gestillt, wenn die anderen beiden Kinder schliefen oder spielten. Ich habe im Kinderwagen-Kino gestillt, denn ja, sowas gibt es in Berlin und ich hab das sehr genossen, denn es zeigte mir: Ich muss mich hier nicht eingesperrt fühlen! Die Mutterschaft ist kein Käfig!

Natürlich geht das Leben nach der Geburt nicht weiter wie zuvor, auch wenn ich mir das zu Anfang einreden wollte. Aber stundenlang immer nur zu Hause sitzen, damit ich in Ruhe stillen kann? Nee, dafür finde ich die Stillerei auch einfach zu praktisch. Man hat immer Milch dabei, immer in der richtigen Temperatur und in der perfekten Menge. Einfach herrlich! Für mich bedeutete das ein Stückweit Freiheit. Ich konnte weiter zu Freunden, ich konnte weiter rausgehen ins Café oder in den Park. Und selbst im Restaurant war es für mich selbstverständlich, meinen Kindern Nahrung anzubieten. Ich halte das für das Natürlichste der Welt. Und störe mich bis heute nicht am Anblick anderer Mütter, die es genauso halten wie ich damals. Denn etwas Normaleres kann es für mich nicht geben – selbst wenn es an der Supermarktkasse passiert. Denn ganz ehrlich: Wäre es den anderen Kunden lieber, das Baby würde den ganzen Markt zusammenschreien, weil es solchen Hunger hat? Eben!

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Autor

Katharina und Lisa

Als drittes von fünf Kindern war Katharina immer klar: Sie will selbst auch eine große Familie haben. Mhhhh - doch dann kam zuerst das Studium, eine Ausbildung und schwupps war sie Ende 20, als ihre Tochter geboren wurde. Heute ist sie, Katharina, 33. Im Januar kam Baby Nr. 2 , der Traum von der Großfamilie besteht immer noch. Und weil die ja nicht nur von Luft und Liebe leben kann, arbeite sie als Journalistin mit Themenschwerpunkt... genau: Familie. Lisa ist 32 und beschäftigt sich, seit sie Mutter dreier Kinder ist, natürlich oft und viel mit Familienthemen. Um nicht ihrem gesamten Freundeskreis mit Kinder-Anekdoten zu nerven, schreibt sie in vielen Ecken und Enden des Internets darüber, z.B. bei www.nusenblaten.de oder www.stadtlandmama.de. Mit Kindern, Mann, Großeltern und vielen Tieren lebt sie direkt am Waldrand. Ihre eigene Kindheit verbrachte sie vor allem auf dem Fußballplatz, auf dem ihr Bruder kickte, während sie mit dem Einrad drumherum kurvte... Gemeinsam schreiben Katharina und Lisa unsere Kolumne "Mama-Streit".

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