Mama-Streit: Mische ich mich in Kinderstreit ein oder nicht?

6. Juli 2015

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Streitereien zwischen Kindern ist ja etwas, das ich in meinen Schwangerschaften noch nicht wirklich auf dem Schirm hatte. Wer denkt in der Vorfreude auf ein weiches zartes warmes Baby schon an Sandwerfen und Beißen? Nun, spätestens wenn die Kinder das Sandkastenalter erreicht haben, kommen sie in Berührung mit anderen Kindern. Und wehe dem, der sich an meine Schippe wagt! Es gibt Kinder, die dann schüchtern weglaufen und es Mama oder Papa sagen gehen. Es gibt welche, die sich zeternd auf den Boden werfen. Aber es gibt auch solche, die sich mit Händen und Füßen zu wehren versuchen. Man kann in diesen Situationen ganz wunderbare kleine Sozialstudien betreiben. Denn das Kind, das im Frühjahr vielleicht noch schmollend wegrannte, das kann im Herbst schon zum Spielplatz-Beißer geworden sein. Alles eine Phase! Alles ein Ausprobieren! Die Kinder lernen in solchen Situationen so viel!
Verhandeln zum Beispiel. Oder Teilen. Oder Durchsetzen eigener Interessen. Wie schade es wäre, wenn sich dann sofort ein Erwachsener einmischte, um das Zepter in die Hand zu nehmen. Wie schön, wenn der Erwachsene einfach sitzen bleibt und abwartet, was geschieht, wie die Kinder den Konflikt regeln. Das ist kein Desinteresse! Das spricht auch für ein Vertrauen in das Konfliktlösungspotential der Kinder. Wie, wenn nicht so, sollen sie lernen, wie sie derlei Situationen lösen? Natürlich sollten Eltern eingreifen, wenn das Verhalten unfair wird oder zu ungestüm. Ich greife auch ein, wenn mein Kind ein anderes verletzt oder selbst verletzt wird. Meine Söhne zum Beispiel hatten eine Phase, in der ich tatsächlich die Kämpfereien untereinander einschränken musste, weil es sonst blutig endete. Aber: Ich möchte nicht mit ihnen vor einem anderen Kind stehen und „Jetzt sag aber mal Entschuldigung“ sagen. Weil ich selbst das sehr unangenehm finde, wenn Eltern mit ihren Kindern vor meinen Kindern stehen und das Kind in diese peinliche Situation bringen. Und was, wenn das Kind dann trotzdem nicht „Entschuldigung“ sagt (wie meistens übrigens)? Dann hängen die Eltern gleich mit drin im Konflikt. Wie unangenehm! Auch ohne diese Entschuldigungs-Erziehung kam übrigens gestern mein Söhnchen von der Schule und hielt mir ein Schild mit einem „Ssuldiung“ entgegen. Das hatte er geschrieben, weil er sich morgens etwas zu hysterisch aufgeführt hatte. Und dann dieses Schild! So stelle ich mir einen ehrlichen Konfliktumgang vor. Denn von Herzen kommt eine Entschuldigung nur, wenn sie nicht von den Erwachsenen vorgesagt wurde. Und eigentlich hat sie doch auch nur dann Gewicht.

 

Katharina The Nachtsheim Session - Part One12.2.2014@ Niels Starnick

Der stete Tropfen höhlt den Stein. Diesen Satz sage ich mir immer wieder, seit ich Kinder habe. Was das genau bedeuten soll? Erziehung braucht einen langen Atem. Nichts geschieht einfach so über Nacht, Werte, die man vermitteln will, müssen vorgelebt haben, Verhaltensweisen geübt. Mag sein, dass es für manche Mütter befremdlich ist, aber ich werde nicht müde, immer und immer wieder von meinen Kindern einzufordern, DANKE und BITTE zu sagen. Mit den ersten Erfolgen: Die Zauberwörtchen kommen hin und wieder schon von ganz alleine. Genau so wie ENTSCHULDIGUNG. Ein Wort, eine Geste, die mir sehr wichtig ist. Meine Tochter ist vier und oft ganz schön wild. Sie zerrt an ihren kleinen Bruder herum, will mit ihm toben, oft schmeißt sie ihn einfach um. Dann gibt’s Geheul, in Folge dessen ich möchte, dass sie ihm wieder auf die Beine hilft. Ich akzeptiere nicht, dass sie ihn umschmeißt und ihn liegen lässt. Genauso lasse ich es nicht durchgehen, dass der Kleine an ihren Zöpfen zieht. Schon er mit seinen 14 Monaten versteht, dass er das nicht darf. Ich erkläre es ihm also und als Entschuldigungs-Geste nehme ich seine Hand und streichle damit seine Schwester.
Wie oft habe ich auf dem Spielplatz kleine Ekel-Pakete erlebt, sie andere Kinder tyrannisieren. Sie schmeißen Sand, nehmen Spielzeug weg, blockieren die Rutsche. Und die Eltern sitzen auf der Bank, gucken ratlos zu und rufen dann ein halbherziges „Luis, sag jetzt Entschuldigung“. Luis denkt natürlich gar nicht daran und macht ungehindert weiter. Warum sollte er sein Verhalten auch ändern, ihm wird ja nicht mal richtig klar gemacht, dass es falsch ist – geschweige denn hat er Konsequenzen zu fürchten. Wäre es nicht viel besser, ihm ruhig zu erklären, dass es so nicht geht? Ihm Gesten der Entschuldigung vorzuschlagen, sei es eine Umarmung oder das Zurückbringen aller Spielsachen? Und falls Luis sich weigert, den Spielplatz-Besuch eben abzubrechen?
Ich glaube, dass Gemeinschaft immer Verhaltensregeln braucht. Dass einige Dinge im Zusammenleben unumstößlich sind und Kindern dies von Beginn an beigebracht bekommen müssen. Das gilt auch für gutes Streiten – dann natürlich ist Streiten auch wichtig. Um sich abzugrenzen, seinen Standpunkt klar zumachen, sich durchzusetzen zu lernen. Nur kommt es wie immer auf das WIE an. Es heißt schließlich Streit-KULTUR.

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Autor

Katharina und Lisa

Als drittes von fünf Kindern war Katharina immer klar: Sie will selbst auch eine große Familie haben. Mhhhh - doch dann kam zuerst das Studium, eine Ausbildung und schwupps war sie Ende 20, als ihre Tochter geboren wurde. Heute ist sie, Katharina, 33. Im Januar kam Baby Nr. 2 , der Traum von der Großfamilie besteht immer noch. Und weil die ja nicht nur von Luft und Liebe leben kann, arbeite sie als Journalistin mit Themenschwerpunkt... genau: Familie. Lisa ist 32 und beschäftigt sich, seit sie Mutter dreier Kinder ist, natürlich oft und viel mit Familienthemen. Um nicht ihrem gesamten Freundeskreis mit Kinder-Anekdoten zu nerven, schreibt sie in vielen Ecken und Enden des Internets darüber, z.B. bei www.nusenblaten.de oder www.stadtlandmama.de. Mit Kindern, Mann, Großeltern und vielen Tieren lebt sie direkt am Waldrand. Ihre eigene Kindheit verbrachte sie vor allem auf dem Fußballplatz, auf dem ihr Bruder kickte, während sie mit dem Einrad drumherum kurvte... Gemeinsam schreiben Katharina und Lisa unsere Kolumne "Mama-Streit".

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