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Familienratgeber: Schon früh in die Kita – schadet das?

27. Dezember 2016

Wann ist die beste Zeit für ein Kind, außerhalb der Familie betreut zu werden? An dieser Frage können sich heftige Diskussionen entwickeln. Denn natürlich möchte man für die Kinder das Beste und ihnen nicht schaden. Dabei ist es oft der eigene Hintergrund, der diese Entscheidung mitbestimmt. Wann bin ich selbst in die Kita gekommen? Mit drei oder schon deutlich früher? Je nach Region in Deutschland war und ist dies ganz unterschiedlich und auch in anderen Ländern gibt es ganz andere Traditionen. So ist es in Frankreich eher auffällig, sein Kind nicht schon mit ein paar Monaten in Betreuung zu geben und als Mutter früh wieder zu arbeiten.

Neben dem Druck, zu tun, „was so üblich ist“, spielt es natürlich auch eine Rolle, ob es überhaupt eine Möglichkeit ist, zuhause zu bleiben – oder ob dann der Job weg ist oder das Geld nicht reicht.

Oft plagt Eltern das schlechte Gewissen, ihr Kind früh in die Krippe zu geben. Verwandte, Bekannte signalisieren, dass man eine schlechte Mutter oder ein nicht-liebender Vater ist, weil man sein Kind nicht selbst betreut. Beliebt sind dann Sätze wie „Wozu habt ihr denn überhaupt Kinder bekommen, wenn ihr sie abschiebt.“

Warum früh in die Krippe?

Dabei gibt es viele gute Gründe, ein Kind in die Krippe zu geben. Manchmal ist es wichtig, im Job zu bleiben oder das Geld ist nötig, damit die Familie finanziell keine Sorgen haben muss. Für manche Mütter ist es auch gut, wieder Zeit für sich zu haben. Denn eine ständig genervte Mutter ist auch nicht gut für ein Kind. Dazu gehört, wieder andere Dinge zu machen, wie arbeiten, eigene Interessen pflegen, aber sich auch um die eigene Gesundheit und Kräfte zu kümmern. Einige Kinder profitieren auch von der Krippe, weil sie dort gut gefördert werden. Sie haben liebevolle Betreuung, bekommen gute Spielanregungen und Kontakt zu anderen Kindern. Manche Kinder haben hier den ersten regelmäßigen Kontakt mit der deutschen Sprache. In der Krippe können Angebote gemacht werden, die es zu Hause nicht gibt oder die zuhause nicht angeboten werden können.

Warum erst später in den Kindergarten?

Gegner argumentieren, das sei viel zu viel für ein so kleines Kind. Viele Kinder, Betreuung durch Nicht-Familien-Mitglieder usw. Der Vorteil einer Betreuung zuhause ist, dass Kinder dort in der Regel eine feste Bezugsperson haben. Und eine stabile Bindung an feste Bezugspersonen ist wichtig für Kinder. Ein Elternteil oder Großelternteil ist mit ihm zu Hause, evtl. noch Geschwister. Es gibt keine wechselnden Bezugspersonen. Die Familie kennt das eigene Kind sehr gut und kann auf seine Bedürfnisse eingehen. Das Kind muss sich nicht der Gruppe und ihrem Tagesablauf anpassen. Es wird nicht durch eine große Kindergruppe und deren Nebeneffekte wie Unruhe, Lautstärke oder Krankheiten belastet.

Ist es schlecht für mein Kind, wenn ich es in die Krippe gebe?

Dennoch ist es nicht schlecht, früh in die Krippe zu gehen. Studien zeigen, dass diese Kinder sogar teilweise weiter in ihrer Entwicklung sind, als Kinder, die nicht in die Kita gehen. Sie sind kognitiv weiter entwickelt, erlernen bessere soziale Fertigkeiten, sind selbständiger. Gegner der frühen Krippenbetreuung verweisen auf erhöhte Stressreaktion kleiner Kinder, gemessen an der Ausschüttung von Stresshormonen.

Krippe hat also offensichtlich sowohl förderliche als auch belastende Aspekte. Daher ist es wichtig, eine gute Krippe auszuwählen, um die förderlichen Aspekte zu nutzen und die Belastung für die Kinder gering zu halten.

Wie sollte eine Kita aussehen, damit sie Kinder fördert und nicht überfordert?

Zum einen sollte es gut ausgebildetes Personal geben, also z.B. ErzieherInnen statt viele PraktikantInnen oder unausgebildete Hilfskräfte. Das Personal sollte regelmäßig Fortbildungen machen.

Wichtig ist der Betreuungsschlüssel: Eine Betreuungskraft sollte sich nicht um zu viele Kinder gleichzeitig kümmern müssen, damit sie den Kindern auch gerecht werden kann. Bedacht werden muss auch, dass mal jemand krank, auf Fortbildung oder im Elterngespräch sein kann. Für Kinder unter drei Jahren empfiehlt z.B. die Bertelsmann Stiftung eine Erzieherin/einen Erzieher für drei Kinder, bei Kindergartenkindern eine Person für 7 oder 8 Kinder.

Kinder sollten, vor allem wenn sie noch sehr klein sind, feste Betreuungspersonen haben. Im Kitaalltag sind dies durch den Tagesablauf und Urlaubszeiten etc. natürlich mehrere. Dennoch sollte es möglichst wenig Wechsel geben. In manchen Kitas haben die Kinder eine feste Person, die sie eingewöhnt und auch danach als BezugserzieherIn im Blick hat.

Kinder sollten die Möglichkeit haben, sanft, Schritt für Schritt in ihrem Tempo in der Kita zu starten. Weit verbreitet ist das „Berliner Modell“ auf dessen Grundlage der Aufenthalt in der Kita individuell gesteigert und langsam die Trennung von den Eltern erprobt wird.

Kleine Kinder sollten nicht zu lange in der Kita sein. Außerdem sollte es Ruhephasen und Rückzugsmöglichkeiten geben.

Die Betreuerinnen sollten sich intensiv mit den Kindern beschäftigen, sie individuell fördern, ihre Entwicklung beobachten.

Diese Idealbedingungen gibt es allerdings bisher nur in einem Bruchteil der Krippen. Es lohnt sich, möglichst mehrere Betreuungseinrichtungen und alternativ Tagespflegepersonen anzusehen und nach den genannten Kriterien zu prüfen, um die beste Betreuung für sein Kind zu finden.

Wann man sein Kind in eine Kindertagesstätte gibt und in welche, muss jede Familie für sich selbst herausfinden. Eines aber ist erwiesen: Für Kinder ist es nicht an sich besser, möglichst viel Zeit mit der Familie zu verbringen. Wichtig sind verlässliche Bezugspersonen und regelmäßig eine gemeinsam gestaltete Zeit mit der Familie zu haben. Auch eine begrenzte Zeit am Abend fördert die Beziehung zwischen Eltern und Kind. Mama oder Papa eine Zeit für sich zu haben beim gemeinsamen Spielen, Vorlesen, Erzählen usw. ist das Entscheidende: Hier zählt die Qualität und nicht die Quantität!

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Autor

Christiane

Dr. Christiane Alvarez ist Diplom-Psychologin und Mutter von zwei Kindern. In ihre Beiträge fließt die mehrjährige Erfahrung aus der Beratung von Familien, ErzieherInnen und Lehrkräften ein.

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