Der Familienratgeber: Mobbing – was tun?

7. Dezember 2015

Meike ist eigentlich ein fröhliches Kind. Doch seit ein paar Wochen wirkt sie geknickt und lustlos. Morgens will sie nicht zur Schule. Ihr sei soo übel. Ihre Mutter macht sich Sorgen. Meike klagt über Kopf- und Bauchweh – doch der Kinderarzt findet nichts. „Das ist Herzweh“ sagt er. Zu Hause kocht die Mutter erstmal eine Tasse Kakao und fragt vorsichtig nach. Ob sie etwas nicht verstanden habe, ob die Lehrer streng seien. Schließlich bricht es auch Meike heraus: „Ich versteh das nicht – Anna ist doch meine Freundin!“. Anna, das ist Meikes beste Freundin seit dem Kindergarten. Doch nun will Anna nichts mehr von ihr wissen. „Erst hat sie gesagt, sie will auch mal neben Annika sitzen“, berichtet Meike. „Doch jetzt tuscheln sie und Annika sagt, bei uns zu Hause würde es stinken, und Anna sagt nichts!“ Ziemlich gemein, findet die Mutter, aber vielleicht nur blöde Sticheleien, die sich legen? Doch Annas und Annikas Verhalten bleibt und wird noch schlimmer. Schließlich wird Meike von den meisten Mädchen der Klasse gemieden – ist doch Annika eine Wortführerin in der Klasse und viele haben Angst, dass es sie auch treffen könnte. So schließen sich die Kinder zusammen und es bleibt nicht beim Sticheln. Meike muss nun alleine von der Schule nach Hause gehen, in der Pause darf sie nicht mitspielen. Regelmäßig fehlen ihr Dinge oder jemand schubst sie hinterrücks. Im Sportunterricht wird sie als letzte gewählt und wenn sie einen Fehler macht, lachen alle. Schließlich meldet sie sich gar nicht mehr.

Was ist Mobbing?

Sticheleien, Streit, kleine körperliche Auseinandersetzungen gibt es immer mal wieder unter Kindern. Mobbing unterscheidet sich davon: Es geschieht regelmäßig und über einen längeren Zeitraum. Mobbing kann sowohl mündlich als auch körperlich passieren. Dabei wird jemand nicht unbedingt zum Opfer, weil er kleiner ist, rote Haare hat oder eine Brille trägt. Vielmehr merken die mobbenden Kinder, dass sich das Kind nicht wehren kann. Oft schließen sich andere Kinder an, weil sie zu den Stärkeren und Wortführern gehören möchten und nicht selbst ausgeschlossen werden möchten.

Was kann man tun?

Meikes Mutter rief zunächst einmal Annas Mutter an. Diese fiel aus allen Wolken und versprach mit Anna zu sprechen. Annikas Mutter dagegen war da weniger zugänglich: „Nein, ihre Tochter? Das könne gar nicht sein.“ Also überlegte Meikes Mutter, wie Meike sich wehren könnte. Sie besprachen, was passiert war und was Meike in so einer Situation tun könnte. Meike fühlte sich so schon etwas sicherer und man sah ihr an, wie erleichtert sie war, die Last der letzten Wochen teilen zu können.

Doch von heute auf morgen, dachte die Mutter, wird Meike es nicht alleine schaffen. Mit Meikes Einverständnis rief sie die Klassenlehrerin an. Dieser war auch schon aufgefallen, dass Meike stiller geworden war und nicht mehr mit Anna spielte. Meike solle auf jeden Fall zu ihr kommen, wenn sie geärgert werde. Das sei kein Petzen, sondern es gebe Regeln in der Klasse, die die Kinder kenne würden.

Wie ging es weiter?

In der kommenden Woche sprach die Lehrerin im Unterricht das Thema „Umgang miteinander an“. Dabei ging es nicht um Meike, sondern darum, wie man sich fühlt ausgeschlossen zu werden und wie wichtig es ist, andere zu unterstützen, die Hilfe brauchen. Außerdem setzte die Lehrerin alles daran, Meike wieder mehr Kontakt zu ermöglichen. Sie bekam die angesehene Aufgabe, die Hefte auszuteilen. Die Lehrerin teilte die Kinder in neue Arbeitsgruppen ein, setzte die Klasse um und lobte Kinder, die anderen halfen. Meike kam dabei in Gruppen mit beliebten Kindern. Ganz klar wurde jede Form von Ärgern als nicht duldbar dargestellt. Annikas Position in der Klasse wurde geschwächt und Meike hatte wieder Spielkameraden. Die Mutter unterstützte Meike dabei, sich nachmittags zu verabreden. Irgendwann entschuldigte sich Anna sogar bei Meike, denn es tat ihr leid, ihre Freundin so ausgeschlossen zu haben.

Mobbing, was kann man also tun?

  • Zunächst einmal, sich Hilfe holen: bei den Eltern, Lehrerinnnen und Lehrern, Beratungslehrkräften, Beratungstelefonen (wie der „Nummer gegen Kummer“) oder Beratungsstellen (z.B. Schulpsychologischen Beratungsstellen).
  • Sich immer wieder klar machen: Nicht der Gemobbte ist schuld, das Verhalten der anderen ist nicht in Ordnung! Mobbing kann jede/n treffen.
  • Früh und gemeinsam gegen Mobbing eintreten. Nicht mitmachen, sich mit anderen gegen die Mobber zusammenschließen.
  • In der Klasse über das Miteinander sprechen, Regeln aufstellen und gemeinsam auf den Umgang miteinander achten.
  • Maßnahmen ergreifen, die das Opfer wieder integrieren, sein Ansehen steigern, Kontakte schaffen.
  • Das gemobbte Kind stark machen: Überlegen und üben, was es in Mobbing Situationen tun kann und wie es selbstbewusst auftreten kann – eventuell auch mit professioneller Unterstützung oder in einem speziellen Kurs.

Titelbild © S.Kobold – Fotolia.com

Autor

Christiane

Dr. Christiane Alvarez ist Diplom-Psychologin und Mutter von zwei Kindern. In ihre Beiträge fließt die mehrjährige Erfahrung aus der Beratung von Familien, ErzieherInnen und Lehrkräften ein.

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