Mama-Streit: Darf mein Kind bei seinen Freunden übernachten?

18. Februar 2016

Katharina The Nachtsheim Session - Part One12.2.2014@ Niels Starnick

Meine beste Freundin aus Kindertagen ist ein Einzelkind und zu meinen schönsten Erinnerungen gehören die Übernachtungsbesuche bei ihr. Dort gab es keine nervenden Geschwister, wir durften abends Fernsehen gucken und erzählten uns im Bett Schauergeschichten, bis uns schließlich die Augen zufielen. Als ich dann am nächsten Mittag wieder mit meinem Übernachtungs-Köfferchen unter dem Arm zu Hause ankam, fühlte ich mich wie heute nach einem zweiwöchigen Urlaub. Ich hatte etwas Besonderes erlebt, eine Auszeit vom Gewohnten gehabt.
Nun ist auch meine Tochter in dem Alter,  in dem die ersten Übernachtungsbesuche stattfinden. Ich finde das toll, weil sie damit wieder ein Stück selbstständiger wird und sich selbst herausfordert. Denn natürlich kann so ein Übernachtungsbesuch auch nach hinten los gehen. Plötzlich schleicht sich fieses Heimweh an oder man vermutet hinter dem Schrank böse Monster. Außerdem knackt es vielleicht ungewohnt in dem fremden Haus und sowieso ist zu Hause alles vertrauter. Wer diese Situation durchsteht, braucht Mut. Auch meine Tochter hatte beim ersten Übernachten außer Haus kritische zehn Minuten. Die Mutter erzählte mir, meine Große habe geweint und nach mir verlangt. Doch der anderen Mutter gelang es, sie zu beruhigen und am nächsten Morgen strotzte meine Tochter vor Stolz.
Bald darauf musste natürlich die Gegeneinladung folgen. Also holte ich die Gästematratze aus dem Keller, überzog das Bettzeug und überlegte mir Programm für den Abend. Zur großen Freude der Mädels durften sie einen Disney-Film gucken und knabberten dazu selbstgemachtes Popcorn. Danach las ich noch ein paar Geschichten vor, gegen 21 Uhr brachte ich die Kinder ins Bett. Und hoffte, dass bald Ruhe einkehren würde. Doch Pustekuchen. Immer wieder tollten die beiden im Zimmer herum, rannten über den Flur, sangen und kreischten.
Umso später es wurde, desto weniger lustig fand ich das. Als ich um halb elf damit drohte, den Übernachtungsbesuch abzubrechen, fing unser kleiner Gast an zu weinen. Nicht, weil ich so laut geschimpft hätte, sondern schlicht aus Übermüdung. Also setzte ich mich zwischen die beiden Mädels und streichelte sie in den Schlaf. Um elf Uhr war schließlich Ruhe und ich war erschöpft. „Das ist echt anstrengend, das mache ich so schnell nicht mehr“, sagte ich zu meinem Mann.
Doch schon am nächsten Morgen änderte ich meine Meinung dazu wieder. Denn ich sah, wie stolz unser kleiner Gast am Frühstückstisch saß. Und als ich später von der Mutter eine SMS bekam, wie sehr ihre Tochter von der Übernachtung schwärmen würde, war die Anstrengung vom Abend egal. Plötzlich waren auch all meine eigenen Kindheitserinnerungen von den wunderbaren Übernachtungsbesuchen wieder da. Und ich merkte, dass ich mir sehr wünsche, dass meine eigenen Kinder genau solche Erfahrungen machen sollen.

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Ich war ein Heimwehkind, damals, als ich noch klein war. Übernachtungspartys machten mir Angst. Manchmal sagte ich direkt ab, manchmal machte ich von Vornherein eine Abhol-Uhrzeit aus und wenige Male versuchte ich es und musste dann doch abbrechen – ich wollte zu Mama.
Der Sinn von Übernachtungspartys oder einzelnen Übernachtungen woanders hat sich mir noch nie so richtig erschlossen. Was soll das bringen, zusammen zu übernachten? Man schläft doch dann? Ob der Freund oder die Freundin dann also da ist, merkt man nicht. Geht es um das gemeinsame Zusammensein im Pyjama? Hm, ich vermute, es geht vielmehr um das Quatschen und Albernsein, dann, wenn die Kinder eigentlich längst schlafen sollten. Das ist ja auch toll – für die Kinder.  Aber für mich als Erwachsene?
Neulich hat ein Kind versucht, bei uns zu übernachten und um 24h musste ich die Eltern anrufen, Heimweh. Unsere Kinder waren da natürlich noch wach. Was für eine Aufregung! Und selbst ich hätte zu dieser Zeit gern schon geschlafen. Ein weiteres Mal versuchten wir es mit einem Übernachtungsgast, der sich sehr wohl fühlte und auch zeitig einschlief. Nur: Ich lag wach. Ein fremdes Kind im Haus. Ich hab die Verantwortung. Ich weiß nicht, wie es tickt, ob es schlafwandelt und unsere Treppe runterfällt oder ob es irgendwann aufwacht und ruft, weil es nicht weiß, wo es ist? Ich fand jedenfalls keine Ruhe. Das Problem bin also eindeutig ich.
Als Mutter setze ich oft meine Bedürfnisse hinter die der Kinder.  Ich lasse ihnen das letzte Stück Apfeltorte, ich werfe Pläne um, wenn ich meine, es ginge ihnen besser damit. Beim Einschlafen aber mache ich eine Ausnahme und setze meine Interessen durch. Denn es geht um meine Nachtruhe. Ohne Nachtruhe – keine gute Laune. So ist das bei mir. Ich habe in den letzten Jahren einfach zu wenig Schlaf bekommen, als dass ich mich mit Übernachtungspartys anfreunden könnte. Und meine Kinder? Die akzeptieren das.
Dass ich bei uns zu Hause lieber ohne Übernachtungsgäste bin, heißt aber nicht, dass ich ihnen nicht erlauben würde, woanders zu schlafen. Einzig: Sie kommen – was das angeht  – scheinbar auf mich. Sie machen vorab einen Abholtermin mit mir aus. Warum ich trotzdem nicht verzweifle? Nun, ich habe, bis ich 13 wurde, keine Nacht von zu Hause weg verbracht. Mit 15 aber bin ich für ein Jahr ins Ausland gegangen – natürlich ohne Eltern. Es gibt da also scheinbar einen Schalter namens Alter, der das Ganze dann doch noch in die richtigen Bahnen lenkt…

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Katharina und Lisa

Als drittes von fünf Kindern war Katharina immer klar: Sie will selbst auch eine große Familie haben. Mhhhh - doch dann kam zuerst das Studium, eine Ausbildung und schwupps war sie Ende 20, als ihre Tochter geboren wurde. Heute ist sie, Katharina, 33. Im Januar kam Baby Nr. 2 , der Traum von der Großfamilie besteht immer noch. Und weil die ja nicht nur von Luft und Liebe leben kann, arbeite sie als Journalistin mit Themenschwerpunkt... genau: Familie. Lisa ist 32 und beschäftigt sich, seit sie Mutter dreier Kinder ist, natürlich oft und viel mit Familienthemen. Um nicht ihrem gesamten Freundeskreis mit Kinder-Anekdoten zu nerven, schreibt sie in vielen Ecken und Enden des Internets darüber, z.B. bei www.nusenblaten.de oder www.stadtlandmama.de. Mit Kindern, Mann, Großeltern und vielen Tieren lebt sie direkt am Waldrand. Ihre eigene Kindheit verbrachte sie vor allem auf dem Fußballplatz, auf dem ihr Bruder kickte, während sie mit dem Einrad drumherum kurvte... Gemeinsam schreiben Katharina und Lisa unsere Kolumne "Mama-Streit".

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