Mama-Streit: Muss ich immer zurückstecken?

4. November 2015

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Oh, Du willst am Wochenende mal mit Deinen Freunden raus, Schatz? Mach das, das tut Dir gut. Viel Spaß! Ich kann ja dann wann anders rausgehen. Ich könnte, tue es dann aber doch nicht. Tja, ich bin wohl kein Profi in Sachen: Ich tu jetzt mal etwas für mich. Ach apropos, ich müsste dringend mal wieder ein Date mit meinem Mütterstammtisch festzurren. Es ist ja nicht so, dass ich NIE etwas für mich unternehme. Aber der letzte Stammtisch ist sicherlich ein halbes Jahr her. Meine Freundin Chris war jedenfalls beim letzten Mal noch nicht schwanger und trägt jetzt – das weiß ich dank Facebook – bereits eine beträchtliche Kugel mit sich herum. Und doch doch, ich war auch schon mal ein Wochenende lang mit Freundinnen weg, einmal in neun Jahren als Mutter.

Es ist nämlich so: Seit ich Kinder habe und dadurch irgendwie immer unter Zeitdruck stehe, fällt es mir schwer, Dinge zu tun, die nicht auf Anhieb als „sinnvoll“ zu beschreiben wären. Ich schreibe, um Geld zu verdienen. Ich koche, um satt zu werden. Ich wellnesse… nun ja. Um meine Energie mal wieder aufzutanken? Klar. Aber Geld verdienen und satt werden erscheint mir irgendwie immer lebenswichtiger. Also gehe ich einmal zum Zumba und dann nicht wieder, weil das ja dann doch abends in Stress ausarten würde. Also gehe ich einmal reiten und bevor ich mich fest anmelde, mache ich einen Rückzieher: Nicht NOCH eine Verpflichtung.

Und ich glaube, da liegt der Hase begraben: Ich bin so gebunden durch meinen Alltag als arbeitende Dreifachmutter, dass ich mir nicht noch mehr Verpflichtungen ans Bein hängen will. Ich möchte die Freiheit haben, mir jeden Abend selbst zu überlegen, was ich tue, wenn die Kids ins Bett gehen und dann nicht auch noch zu irgendeinem Kurs hasten müssen.

Ich hätte die Zeit dafür, wenn ich mal öfter Nein sagen würde. Nein zu noch einem Arbeitsauftrag. Nein zu noch einem Hobby der Kinder. Aber ich denke immer: Mir geht’s am besten, wenn die anderen um mich herum glücklich sind. Daraus ziehe ich meine Kraft. Und bin trotzdem manchmal erschöpft. Deswegen werde ich nächste Woche wieder einen Mütterstammtisch ins Leben rufen. Manchmal muss man sich einfach nur mal wieder daran erinnern, was Spaß macht – und nicht direkt Sinn ergibt.

 

Katharina The Nachtsheim Session - Part One12.2.2014@ Niels Starnick

Als meine Tochter neun Monate alt war, hatte ich erstmals das Bedürfnis nach einer Auszeit. Neun Monate hatte ich mich nonstop Tag und Nacht um sie gekümmert und das genossen. Doch dann saß ich eines Abends auf der Couch und sah meinen Mann an. „Glaubst Du, wir können uns für zwei Nächte aus dem Staub machen, ohne Kind?“, fragte ich ihn? „Traust Du Dir und ihr das zu?“, fragte er zurück? Mhhhh, darauf wusste ich keine rechte Antwort. Aber wie sollte ich es erfahren, ob ich und sie soweit sind, auch mal ein paar Stunden ohne einander auszukommen, wenn wir es nie versuchen?

Meine Mutter war sofort bereit, auf meine Tochter aufzupassen. Wem, wenn nicht ihr, sollte ich meine Tochter anvertrauen? Vier Wochen später saß ich also im Auto und heulte. Hatte ein schlechtes Gewissen, Angst, meine Tochter und meine Mutter zu überfordern. Die ganze Fahrt habe ich geheult, auch, weil mir kurz vorher eine Bekannte gesagt hatte, ich würde das Urvertrauen meines Kindes für immer zerstören, wenn ich sie so früh für zwei Tage abgebe. Die ersten Stunden im Hotel fühlten sich komisch an, als wäre ein Teil von mir amputiert worden. Im Wellnessbereich konnte ich mich schließlich entspannen – es sogar genießen. Die zwei Tage gingen wie im Nu vorbei, es war wunderschön, ich tankte jede Menge Kraft. Und als ich wieder zu Hause ankam, merkte ich, dass dort auch alles gut verlaufen war.

In diesem Moment beschloss ich, mich regelmäßig zu Auszeiten zu zwingen. Zwingen, weil es natürlich bequemer ist, keinen Babysitter zu organisieren, kein Geld für ein Hotel auszugeben, keinen Trennungsschmerz auszuhalten. Doch ich wusste und weiß, dass ich ohne diese Auszeiten eingehe. Seitdem sind mein Mann und ich jedes Jahr ein paar Tage ohne Kinder weg. Und ich nehme mir ein weiteres Wochenende für meine Freundinnen frei. Das sind, alles in allem, höchsten 6 bis 7 Tage im Jahr – 51 Wochen bin ich also weiterhin bei meinen Kind. Dieser Unterschied zwischen Familienzeit und Ich-Zeit ist also so klar, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass meine Kinder einen Schaden durch meine Auszeiten erleiden. Mehr noch – ich finde, dass sie ruhig von Anfang an mitbekommen können, dass ich nicht nur ihre Mama bin, sondern auch noch eine eigenständige Person. Mit Hobbys, Bedürfnissen, Freundschaften.

Mindestens einmal die Woche gehe ich daher abends zum Sport. Alle 2-3 Wochen treffe ich Freundinnen auf ein Glas Wein oder gehe mit meinem Mann ins Kino oder ins Restaurant. Natürlich könnte ich in dieser Zeit den Haushalt machen oder arbeiten, nützliche Dinge eben. Aber ich will kein Leben, das ausschließlich nützlich ist oder praktisch, ich will es auch genießen. Mich spüren. Und dazu muss ich einfach manchmal wieder nur Katharina sein. Und nicht „die Mama von“.

SCHLAGWORTE:

Autor

Katharina und Lisa

Als drittes von fünf Kindern war Katharina immer klar: Sie will selbst auch eine große Familie haben. Mhhhh - doch dann kam zuerst das Studium, eine Ausbildung und schwupps war sie Ende 20, als ihre Tochter geboren wurde. Heute ist sie, Katharina, 33. Im Januar kam Baby Nr. 2 , der Traum von der Großfamilie besteht immer noch. Und weil die ja nicht nur von Luft und Liebe leben kann, arbeite sie als Journalistin mit Themenschwerpunkt... genau: Familie. Lisa ist 32 und beschäftigt sich, seit sie Mutter dreier Kinder ist, natürlich oft und viel mit Familienthemen. Um nicht ihrem gesamten Freundeskreis mit Kinder-Anekdoten zu nerven, schreibt sie in vielen Ecken und Enden des Internets darüber, z.B. bei www.nusenblaten.de oder www.stadtlandmama.de. Mit Kindern, Mann, Großeltern und vielen Tieren lebt sie direkt am Waldrand. Ihre eigene Kindheit verbrachte sie vor allem auf dem Fußballplatz, auf dem ihr Bruder kickte, während sie mit dem Einrad drumherum kurvte... Gemeinsam schreiben Katharina und Lisa unsere Kolumne "Mama-Streit".

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