Samstagskolumne: Dürfen Männer sich die Haare färben?

28. Februar 2015

Ich erinnere mich noch genau an den Tag, als mich meine Friseurin mit einer zunächst harmlos anmutenden Frage bzw. mit dem nachfolgenden Satz schockte: „Hattest du Stress?“ Ich war 25 Jahre alt, Student in Göttingen und hatte so viel Freizeit und so wenig Sorgen wie wohl nie wieder im Leben. Also antworte ich mit einem ehrlichen „Nein, wieso?“ Darauf sagte sie: „Du hast hier im Nacken ein graues Haar“. Das wollte ich in dem Moment so gar nicht hören und ich setzte meine ganze Hoffnung in eine einmalig auftretende Pigmentstörung, die sich durch Auszupfen ein für alle mal beseitigen ließe. Natürlich war das Quatsch und es war in Wirklichkeit der Moment, in dem ein Teil von mir sich zum allerersten Mal die Frage stellte, ob Haare färben langfristig eine Option sein könnte.

Jaja, dass George Clooney damit sexy aussieht, wissen wir – Wir sind aber nicht George Clooney
Die Frage, ob es okay ist, wenn Männer sich die Haare färben, wird sehr kontrovers diskutiert.  Gerade viele Frauen, die ich zu dem Thema befragt habe, antworten mir, dass Man(n) doch in Würde altern solle und Männer mit grauen Haaren ja auch ohnehin total sexy seien. Als Beispiel wird dann gerne auf George Clooney verwiesen. Leider sind wir aber nun mal auch sonst nicht alle wie George Clooney, der vermutlich auch mit dunklem Haar die Frauen dahin schmelzen ließe. Haare färben bei Männern, heißt es dagegen oft, wirke  grundsätzlich total unnatürlich. Meist genanntes Beispiel an dieser Stelle ist dann Ex-Kanzler Gerhard Schröder, der sogar rechtliche Schritte einleitete  gegen die Behauptung, er helfe da etwas nach. Schnell fällt auch der böse Begriff der Midlife Crisis. Ich finde ehrlich gesagt,  dass diese Sichtweise von einer gewissen Doppelmoral geprägt ist. Schließlich gibt es doch kaum eine Frau unter 40, die zu ihren grauen Haaren steht. Warum also nicht gleiches Recht für alle? Und es gibt meiner Meinung nach auch durchaus Männer, bei denen die gefärbten Haare gut aussehen. Als prominentes Beispiel würde mir hier Udo Jürgens einfallen.

Wichtig, dass es natürlich aussieht – Mit Hilfe vom Friseur sollte das doch zu schaffen sein oder?
Ich würde sagen, dass Männer mit grauen Haaren durchaus attraktiv sein können. Ich kenne aber auch so einige Beispiele im Bekanntenkreis, die dadurch einfach nur älter aussehen als sie sind. Und ich habe bei so manchem von ihnen Verständnis für den Wunsch, etwas dagegen zu tun. Ich glaube generell haben sich die Zeiten beim Umgang der Männer mit ihren Haaren etwas geändert. Außerdem ist Haare färben ja nun auch keine Schönheitsoperation.  Jürgen Klopp oder Benedikt Höwedes sind noch einen Schritt weiter gegangen. Sie haben sich  für eine Haartransplantation entschieden und stehen öffentlich dazu. Ein echter Aufreger war das im Jahr 2014 nicht mehr und ich würde den Effekt in beiden Fällen als Erfolg bezeichnen. Was das Thema Färben angeht,  finde ich einfach nur wichtig, dass es natürlich aussieht. Man sollte also die richtige Farbnuance treffen. Wenn Männer das auf eigene Faust versuchen, kann das bestimmt schnell mal in die Hose gehen und blöd aussehen. Aber mit Hilfe eines gut ausgebildeten Friseurs/Friseurin sollte das doch eigentlich zu schaffen sein oder?

Wenn es nicht gefällt, kann man ja ein paar Wochen später immer noch in Würde altern

Inzwischen bin ich 33 und immer noch nicht so wirklich grau geworden. Aber je nach Lichteinfall, lassen sich doch immer mehr von diesen kleinen ungeliebten Übeltätern erkennen. Ich fände es zwar heute nicht mehr so schlimm wie als 25-jähriger Student. Aber so richtig reif für die grauen Schläfen fühl ich mich immer noch nicht. Daher bleibt die Frage für mich durchaus aktuell. Entschieden habe ich mich zwar noch nicht, ob ich es versuchen würde. Aber ich vertrete zumindest die Meinung, dass es kein generelles Tabu sein sollte – auch weil ich einige Positivbeispiele in meinem Umfeld kenne. Man kann es ja einfach mal ausprobieren. Und wenn man sich dann unwohl fühlen sollte, ist eines gewiss: Nach ein paar Wochen kommen die grauen Haare wieder durch und man kann immer noch „in Würde altern“.  🙂

Autor

Gunnar

Gunnar ist ein Kind des Ruhrgebiets, wo die Menschen bekanntlich das Herz auf der Zunge tragen. Wenn er morgens seinen ersten Kaffee getrunken hat, wird er recht schnell gesprächig. Nach zwischenzeitlichen Ausflügen nach Göttingen, Berlin und Hamburg zog es ihn schließlich wieder in seine alte Heimat zurück. Nicht zuletzt weil er hier die Nähe zu seiner Familie, seinen Freunden und seinem Lieblingsfußballverein schätzt. Nach der Arbeit steht oft noch ein bisschen Sport auf dem Programm. Mit seiner Leidenschaft für Fußball und sportliche Aktivitäten jeder Art gleicht er seine Schwäche für leckeres Essen wieder aus. Ansonsten liebt er es, zu reisen und dabei alte Freundschaften zu pflegen, aber auch neue Menschen und Orte kennenzulernen.

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