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Nils‘ Fußball-Blog: Im Halbfinale wollen wir ein schlechter Gast sein

7. Juli 2016

Die Achtel- und Viertelfinalspiele sind vorbei und in jeder Runde musste mindestens ein vermeintlicher Favorit die Segel streichen. Unter anderem besiegte Italien die Spanier im Achtelfinale. Jedoch mag das Aus der Engländer gegen Island die weitaus größere Überraschung gewesen sein. Für sie bedeutete der fußballerische Brexit eine weitere Schmach, denn noch nie konnten sie ein KO-Spiel bei einer Europameisterschaft siegreich bestreiten. Im Viertelfinale traf es dann die hoch gehandelten Belgier, die gegen Wales keine Chance hatten und dem EM-Neuling einen Platz im Halbfinale verschafften. Hier trafen die Waliser nebst Superstar Gareth Bale nun auf Portugal und Cristiano Ronaldo. Eben jene Portugiesen sicherten sich den Einzug ins Halbfinale mit fünf Unentschieden (nach 90 Minuten) in Folge und einer eher mäßigen Leistung im bisherigen Turnier. Dass es gestern nicht erneut in die Verlängerung ging, lag an ein paar genialen Momenten kurz nach der Pause, als Ronaldo und Nani ihre Nation via Doppelschlag ins Finale schossen. Unterm Strich ein verdienter Erfolg für Portugal.

Vergangenen Samstag kam es im Viertelfinale zum Klassiker Deutschland – Italien. Der schlechten Bilanz zum Trotz, gelang unserem Team hier ein verdienter Sieg im Elfmeterschießen. Erleichtert und um Jahre gealtert, feierten wir danach ausgiebig bis früh in die Morgenstunden. Eventuell hätte jemand den Trainern vorher sagen sollen, dass sie keine Spieler schießen lassen, die in England ihre Brötchen verdienen. Denn sowohl Bastian Schweinsteiger und Mesut Özil auf deutscher Seite, als auch Matteo Darmian und Graziano Pelle bei den Italienern verschossen. Unvergessen bleibt hier wohl der verschossene Strafstoß im „Ententanz-Style“ von Simone Zaza, der nicht nur beim ehemaligen deutschen Nationalspieler Steffen Freund für große Belustigung sorgte.

Am Ende war es dann an Jonas „HecTOR“, den entscheidenden 18. Elfmeter zu verwandeln. Interessant waren die Entscheidungen von Bastian Schweinsteiger vor dem Elfmeterschießen. Hier wirft der Schiedsrichter standesgemäß zweimal eine Münze um den Spieler zu ermitteln, der erstens die Seite aussuchen darf, auf welche geschossen wird und der zweitens bestimmen darf, welche Mannschaft zuerst schießt. Unser Kapitän gewann beide Münzwürfe und entschied sich ganz untypisch für die italienische Seite und deren Beginn. Normalerweise wird hier immer die eigene Seite gewählt und der Beginn des eigenen Teams. Bastian sagte allerdings in einem Interview nach dem Spiel, dass er sich unter anderem an das verlorene Champions-League-Finale in München erinnerte, wo auf das Tor vor den Bayernfans geschossen wurde, und so den Druck von der Mannschaft nehmen wollte. Inwieweit dies nun zum Ausgang des Spiels beitrug, kann nur gemutmaßt werden, ist aber definitiv eine interessante Randnotiz des Abends.

Heute kommt es für uns im Halbfinale mit Frankreich zum zwölften Vergleich mit einem Turnierausrichter (EM oder WM). Gingen die ersten beiden Vergleiche 1958 und 1966 noch verloren, gelangen uns danach neun Siege in neun Spielen. Zuletzt das legendäre 7:1 vor zwei Jahren bei der Weltmeisterschaft in Brasilien. Gegen die Franzosen sieht die Bilanz nicht ganz so rosig aus, wenn auch nicht so schwarz wie gegen Italien. In 27 Begegnungen gab es neun Siege, sechs Unentschieden und zwölf Niederlagen. 23 dieser 27 Spiele waren gleichwohl nur Freundschaftsspiele. Von den übrigen vier Pflichtspielen verlor die deutsche Elf lediglich das WM-Spiel um den dritten Platz bei 1958. Die Halbfinals 1982 und 1986, sowie das Viertelfinale 2014 wurden erfolgreich bestritten. Bei einer Europameisterschaft trafen diese beiden großen Fußballnationen jedoch noch nie aufeinander!

Die Franzosen können heute Abend personell aus dem Vollen schöpfen und werden, angefeuert von den heimischen Fans, wohl ein richtig harter Brocken für uns. Mit Antoine Griezman haben sie den bisher erfolgreichsten Torschützen dieser EM in ihren Reihen, aber auch Olivier Giroud und Dimitri Payet sind mit ihren jeweils drei Toren brandgefährlich. Hinter diesem Trio wird Paul Pogba wieder seine Fäden ziehen und versuchen seine Kameraden gut in Szene zu setzen. Dies gilt es heute Abend zu unterbinden. Die deutschen Tugenden sind bei diesem Turnier wohl eher in der Abwehr zu finden. Erst ein Gegentor musste unsere Elf bis jetzt hinnehmen und dies auch nur nach einem Strafstoß. Ansonsten steht die Null. Leider werden wir heute Abend auf die Klasse von Mats Hummels verzichten müssen, der wegen einer Gelbsperre die Begegnung verpassen wird. Für ihn wird vermutlich Benedikt Höwedes neben Jerome Boateng in die Innenverteidigung rutschen. Ein positiver Nebeneffekt: Wenn Benni spielt, kann Deutschland nicht verlieren. Zumindest statistisch. Von 20 Begegnungen, die er absolvierte, endeten 18 mit einem Sieg für Deutschland und zwei unentschieden. Unsere Offensive ist dagegen bislang noch nicht so richtig auf Touren gekommen. Sie scheinen, allen voran Thomas Müller, der immer noch bei null EM-Toren in seiner Karriere steht, noch ein wenig gehemmt. Hoffentlich ändert sich dies heute, denn gerade der zuletzt immer besser werdende Mario Gomez fällt für den Rest des Turniers verletzt aus. Vielleicht wird „Radio Müller“, wie er liebevoll von seinen Kollegen genannt wird, ja heute Abend den Unterschied ausmachen.

Ihr seht, es geht hoch her im deutschen Kader so kurz vor dem Spiel. Da es in Marseille auch um 21 Uhr noch über 30 Grad sind, hoffe ich, dass uns die Verlängerung diesmal erspart bleibt und wir nach 90 Minuten siegreich aus der Partie gehen werden. Ansonsten könnten uns die 120 Minuten gegen Italien, in einer etwaigen Verlängerung, noch schwer in den Beinen liegen.

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Nils

Nils ist ein Kind der 90er. 1984 in Münster geboren und zwischenzeitlich von seinen Eltern in das eher ländliche Nottuln verschleppt, lebt er nun schon wieder seit ein paar Jahren in der lebenswertesten Stadt der Welt. Bereits seit 2004 arbeitet er bei Ernsting’s family in der IT als Softwareentwickler und gleicht die eher sitzende Tätigkeit in seiner Freizeit mit viel Squash oder diversen längeren Erkundungstouren auf der Leeze (münsteraner Soziolekt für Fahrrad) aus. Neben dem Sport zählt das gemeinschaftliche Fußball schauen, sowie die Erweiterung des Heimkinos und des filmischen Horizontes, zu seinen größten Leidenschaften. Freunde und Arbeitskollegen schätzen an ihm seine immer lockere, lustige und freundliche Art und verzeihen dann auch gerne mal den einen oder andern Nils typischen Spruch.

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