Mama-Streit: Muss das Kind essen, was auf den Tisch kommt?

3. März 2015

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Bei uns wird gegessen, was auf den Tisch kommt. Das liegt vor allem daran, dass ich zumindest ein Kind habe, das ein experimentierfreudiger Esser ist. Und dass es aufgrund dessen eigentlich alles probieren MÖCHTE, was es bei uns gibt. Papa isst scharfe Pepperoni? Darf ich auch?

Ich bin ein Freund von vielfältiger Ernährung und wenn ich mitbekomme, dass es sogar noch Erwachsene gibt, die sich hauptsächlich von puren Nudeln ernähren, dann stimmt mich das traurig. Nicht, weil ich solches Verhalten verachte, sondern weil ich denke: Was dieser Person alles entgeht!

Ein Rosenkohl schmeckt nie wie ein Blumenkohl. Für Kinder, die doch in der Regel neugierig auf die Welt kommen, muss es doch ein Fest sein, viele verschiedene Dinge auszuprobieren. Ok. Wir wissen alle, dass dem nicht so ist. Und wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, in der ich weder Käse oder Spinat, noch Tomaten, Zwiebeln und grünen Salat mochte…. Nun. Ich war glaub ich eher der Normalfall.

Und natürlich gibt es auch bei meinen Kindern Favoriten auf der mütterlichen Speisekarte. Couscous mit Mais zum Beispiel. Oder Fischstäbchen, Spinat und Kartoffelbrei. Das geht eigentlich immer. Trotzdem schenke ich dem Satz „Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht“ doch auch Glauben und versuche darum, den Kindern immer mal wieder etwas Neues anzubieten. Probier doch mal! Hmmmm. Bääääh. Ok, dann leg es weg. Gut, dass Du probiert hast.

Meine Kinder müssen ihre Teller nicht aufessen. Ich finde nur, sie sollten auch nicht bei allem sagen können: Kenn ich nicht, mag ich nicht. Und wenn es nur ein kleines Gabelchen ist, probiert ist probiert.

Meine Tochter mochte früher keine Milchschnitte. Da hat das leider Gottes geklappt mit dem: Probier doch mal, magst Du bestimmt. Jetzt könnte sie sich hauptsächlich davon ernähren. Und wenn man Kohlrabi in fluffiger Mehlschwitze zubereitet, dann essen das auch meine Kinder, die im Rohzustand noch Iiih gerufen haben.

Was mir bei dem Essverhalten immer wieder auffällt, ist die große Vorbildfunktion, die wir haben. Ich mag bis heute keine Pilze zum Beispiel. Wenn meine Kinder irgendwo Pilze sehen, fangen sie das Bääh-Schreien an, obwohl sie sie nie probiert haben. Sprich: Je mehr ich serviere und selber esse, desto besser werden sie sich an die vielen verschiedenen Geschmäcker gewöhnen. Also kann ich das nur empfehlen: Was auf den Tisch kommt, wird gegessen. Weil ich es schade finde, wenn wir unseren Kindern diese Vielfältigkeit verwehren.

Katharina The Nachtsheim Session - Part One12.2.2014@ Niels Starnick

„Was auf den Teller kommt, wird auch gegessen“ – dieser Satz gilt bei uns nicht. Ich halte ihn – im schlimmsten Fall – für Kindesmisshandlung.

Aber von vorne: Lange Zeit war bei uns rund um den Esstisch ein Minenfeld. Meine Tochter und ich waren stets darauf gefasst, dass gleich was in die Luft geht. Warum? Weil es bei uns IMMER Stress mit dem Essen gab. Meine Tochter ist nämlich das, was man einen mäkeligen Esser nennt. Null komma null experimentierfreudig, wehe da ist was Grünes in der Tomatensauce, wehe da liegt was Unbekanntes auf dem Teller, wehe das Obst ist nicht wie gewohnt mundgerecht geschnitten. Dann gab es Heulerei von Seiten meiner Tochter, Schreierei und Süßigkeiten-Verbote meinerseits. Im besten Fall. Denn anfangs bestand ich auch noch darauf, dass das gegessen wird, was auf den Teller kommt. „Bevor Du die Gurke nicht aufisst, darfst Du nicht aufstehen“, drohte ich. Manchmal saßen wir eine Ewigkeit vor zwei Gurkenscheiben, bevor meine Tochter sie runter- und anschließend fast wieder hochwürgte. Das hat sie nämlich von mir geerbt: Wenn sie sich vor etwas schlimm ekelt, setzt der Würgereiz ein. Irgendwann, da hatten wir gerade so ein Drama-Essen hinter uns, habe ich beschlossen, dass ich diesen Stress nicht mehr will. Dass ich sie nicht mehr zum Essen zwinge, weil ich ihr nicht beibringen möchte, dass Nahrung etwas ist, was man zur Bestrafung oder Belohnung einsetzen kann. Denn da sind Essstörungen ja praktisch vorprogrammiert. Seitdem kommt das auf den Teller, was sie essen möchte. Und das ist vor allem Trockenes: Nudeln, Brot, Reis.

Doch wo ist die Grenze zwischen einem ungestörten Verhältnis zu Essen und einem „Sie darf komplett machen, was sie will“. Ich setze statt Druck nun auf sanftes Vortasten. Ein Klecks Tomatensauce muss auf die Nudeln, Milchreis gibt es nur mit Obstmus, Brezen gemeinsam mit einer halben Banane. Wir besprechen vorher, was im Rahmen des Möglichen ist. Ganz manchmal lässt sie sich sogar auf ein Mini-Stückchen von etwas ein, was sie noch nicht kennt.

Ich gucke immer neidisch auf die Kinder von Freundinnen, die einfach alles essen. Das hätte ich mir natürlich auch gewünscht. Wie schön muss es sein, wenn der Nachwuchs mit Appetit all das verspeist, was man kocht. Anstatt angewidert auf den Teller zu gucken und das Schnäbelchen zu einem breiten Strich zu verziehen. Tja, dieses Glück war mir nicht vergönnt. Vielleicht noch nicht. Denn wenn ich mal in meiner Essens-Biographie zurück reise, sehe ich mich ebenfalls mehr als skeptisch vor so manchem Teller sitzen. Auch ich war ein sehr heikler Esser. Mochte wenig und davon nur Mini-Portionen. Und heute? Esse ich eigentlich fast alles. Also ist vielleicht auch das Thema Ernährung einfach nur eins, dass Ruhe und Geduld braucht…

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Autor

Katharina und Lisa

Als drittes von fünf Kindern war Katharina immer klar: Sie will selbst auch eine große Familie haben. Mhhhh - doch dann kam zuerst das Studium, eine Ausbildung und schwupps war sie Ende 20, als ihre Tochter geboren wurde. Heute ist sie, Katharina, 33. Im Januar kam Baby Nr. 2 , der Traum von der Großfamilie besteht immer noch. Und weil die ja nicht nur von Luft und Liebe leben kann, arbeite sie als Journalistin mit Themenschwerpunkt... genau: Familie. Lisa ist 32 und beschäftigt sich, seit sie Mutter dreier Kinder ist, natürlich oft und viel mit Familienthemen. Um nicht ihrem gesamten Freundeskreis mit Kinder-Anekdoten zu nerven, schreibt sie in vielen Ecken und Enden des Internets darüber, z.B. bei www.nusenblaten.de oder www.stadtlandmama.de. Mit Kindern, Mann, Großeltern und vielen Tieren lebt sie direkt am Waldrand. Ihre eigene Kindheit verbrachte sie vor allem auf dem Fußballplatz, auf dem ihr Bruder kickte, während sie mit dem Einrad drumherum kurvte... Gemeinsam schreiben Katharina und Lisa unsere Kolumne "Mama-Streit".

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