Samstagskolumne: Generation Y

3. Januar 2015

Wir haben es nicht leicht – wir Kinder der 80er Jahre gehören einer schwierigen Generation an. Das habe ich immer schon geahnt. Seit dem Artikel von Tim Urban und Pia Frey auf welt.de weiß ich es auch. Unser Generationsproblem hat einen Namen: Generation Y oder auch Generation Why?, eingedeutscht Generation Warum?.

Die Generation Y zeichnet sich, so könnte man es kurz sagen, durch absolute Miesepetrigkeit aus. Miesepetrigkeit darüber, dass es im Leben anders kommt, als man gedacht hat. Alles irgendwie doof. Job blöd, zu wenig Abenteuer und überhaupt hätten wir alles doch lieber ganz anders gemacht. Eigentlich hätten wir etwas komplett anderes machen wollen – aber was, das wissen wir nicht. Und das gefällt uns gar nicht. Überhaupt nicht. WIR wollen rosa Einhörner auf einer Wiese sein (nicht unsere Karriere, wie Tim Urban und Pia Frey schreiben). Wir wollen Peter Pan, Barbie, Ronja Räubertochter, Polly Pocket, Michel aus Lönneberga, Sabrina und He-Man GLEICHZEITIG sein. Und was sind wir, irgendwie nur wir.

Generation-Y-Fließtext

Aber als wäre das nicht alles schlimm genug, hat sich ganz leise ein weiteres Problem an meine Generation angeschlichen: Die 30 – Generation Y trifft auf die große Zahl des Erwachsenseins. Das ist schlimmer als Pubertät und schwere Akne oder Bahnfahren an Weihnachten. Es ist der emotionale Gau, der Clash von chronischer Miesepetrigkeit, ersten Zipperlein, enttäuschten Erwartungen und ersten Bestandsaufnahmen: Was will ich? Und was davon habe ich?

Für diesen Zustand gibt es noch keinen Namen, vielleicht könnte man diesen emotionalen Ausnahmezustand, diese Pubertät 2.0, diesen Virus, Y30 nennen. Der Y30 äußert sich in verschiedenen Symptomen, mit unterschiedlicher Häufigkeit und Härte. Die leichte Form des Y30 äußert sich in einem häufigen Beschweren über neu entdeckte körperliche Gebrechen: „Aargh, der Rücken. Habt Ihr das auch?“ Und findet seine Fortsetzung in der heimlichen Freude über einen Freitag OHNE eine Verabredung. Stolz wird jetzt darüber berichtet, dass man am Wochenende „vor elf Uhr“ ins Bett gegangen sei. Vor zehn Jahren hätten wir noch lieber vorm ganzen Seminar geweint, als zuzugeben, dass wir am Wochenende nur eine Verabredung mit unserem Fernseher hatten. Und überhaupt: Die, die am Wochenende noch rausgehen, jammern montags im Büro gerne ausgiebig über ihren Kater von Freitag. Zwei Tage hintereinander rausgehen – mit Y30 undenkbar.

Es gibt aber noch einen weiteren Aspekt, der den Y30-Verlauf verschlimmert: Das Single-Dasein. Wir wollen nicht nur rosa Einhörner sein, wir wollen auch ein lila Einhorn neben uns haben, das nach Apfel duftet UND glitzert. Kein Grünes! Außerdem wollen wir auch schnell kleine Einhörner haben. Eigentlich sofort. Aber irgendwie auch nicht. Oder wollen wir doch kleine Einhörner haben? Und dann fällt uns ein, dass wir eigentlich gar kein Einhorn sein wollen. Eigentlich sind wir nur rosa Einhörner, weil unsere Eltern wollten, dass wir rosa Einhörner werden. Mit Y30 überlegen wir uns dann, ob wir nicht lieber eine Sabrina wären und einen Salem hätten. Aber wie soll man das jetzt auch entscheiden können? Und überhaupt: Ist es dafür nicht schon zu spät?

Tocotronic haben gesungen, ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein. Das war eine romantische Lüge. Jugendbewegungen sind anstrengend. Das Gute ist, das sie irgendwann vorbei sind. Wenn meine Generation über 60 ist, werden wir nicht mehr meckern. Wobei, eigentlich mag ich mich da jetzt noch nicht festlegen. Und überhaupt: Wer sagt eigentlich, dass ich zur Generation Y gehöre?

Generation-Y-Einhorn

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Autor

Kathrin

Kathrin stammt vom wunderschönen Niederrhein, was im Münsterland manchmal für sprachliche Irritationen sorgt. Ihren Büroschreibtisch dekoriert sie am liebsten mit Tierfiguren und einem Hasen-Stofftier. Glücklich macht man Kathrin, wenn man ihr ein Lolcats-Bild zeigt, das sie noch nicht kennt, oder mit ihr zur nächstgelegenen, größeren Wasserfläche fährt. Dort entspannt sie beim Schwimmen und Surfen.

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