Mama-Streit: Fernsehen schon für die Kleinen?
22. Januar 2015Katharina
Meine Tochter hat eine Freundin, bei der es zu Hause keinen Fernseher gibt. Und auch Süßigkeiten sind streng tabu. Sobald dieses kleine Mädchen die Türschwelle unserer Wohnung übertritt, guckt sie mich mit ihren großen braunen Augen an und sagt: „Dürfen wir einen Film gucken?“ Dürfen sie natürlich nicht, denn sie sind vier Jahre alt und sollen miteinander spielen. Doch auch das Spielen klappt nicht immer. In regelmäßigen Abständen steht die Freundin meiner Tochter nämlich vor mir und fragt: „Können wir Schokolade essen? Gibt es noch Gummibärchen?“ Und wenn es dann mal Kekse gibt, stopft sie sich sofort eine Handvoll in den Mund, ist unfähig, die Plätzchen zu genießen. Was ich mit dieser Geschichte sagen will: Verbote bewirken meist das Gegenteil. Kennen wir doch alle. Ein „Fass das nicht an“ führt zu 100 Prozent dazu, dass das Kind seine Finger danach ausstreckt. Ein „Guck nicht hin“ verleitet natürlich erst recht zum Hinschauen. Und genau so ein Verhalten rufen Eltern bei ihren Kindern hervor, wenn sie TV komplett verbieten. Natürlich bemerkt ein Kind, das zu Hause keinen Fernseher hat, dass es bei anderen Menschen einen gibt. Natürlich bekommen Kinder durch Freunde oder Zeitschriften mit, welche TV-Serien gerade angesagt sind. Wenn diese Themen zu Hause totgeschwiegen werden, gewinnen sie unfassbar an Bedeutung, werden so interessanter, als sie eigentlich sind. Ich kenne Eltern, die regelrecht panische Angst vor den neuen Medien haben, das böse Internet, der böse Fernseher, macht die Kinder nur dumm. Das sind meist die Eltern, die schon im Plastikspielzeug den Teufel vermuten. Wie wäre es mit mehr Vertrauen? Und dem Vorsatz, den Kindern einen normalen Umgang mit Medien vorzuleben? Sie gehören dazu, wir leben nicht mehr in den 60er Jahren – sondern 2015! Es gibt jede Menge Formate, die aus Kindern keine Dummköpfe machen. Peterson&Findus zum Beispiel, Pippi Langstrumpf natürlich oder Lauras Stern. Manchmal, nachdem wir den Fernseher ausgeschaltet haben, geht meine Tochter in ihr Spielzimmer und spielt die Szenen mit ihren Kuscheltieren nach. Oder sie setzt sich an den Küchentisch und malt die Figuren. Spätestens da weiß ich: Kontrolliertes Fernsehen schadet nicht – sondern regt sogar die Fantasie an. Deshalb an alle Eltern: Entspannt Euch! Ab und zu eine Fernseh-Serie ist nicht der Untergang des Abendlandes.
Lisa
Meine große Tochter hat bis zu ihrem fünften Geburtstag nichts von der Existenz von KiKa gewusst. Als Kind habe ich selbst so gut wie nie geglotzt – gut, damals hatten wir auch nur drei Programme auf einem winzigen Schwarz-Weiß-Gerät. Trotzdem saß mein großer Bruder gern davor. Ich spielte lieber draußen mit den Tieren.
Einmal habe ich gelesen, dass es für kleine Kinder verstörend wirken kann, wenn sie der Figur im Fernsehen ein „Stopp“ zurufen und die dann nicht stoppt. Das würde den Kindern vermitteln, dass sie keine Chance haben, Dinge zu steuern. Für mich klang das logisch und daran hielt ich mich fest, TV für Kinder war ein No-Go für mich. Und wenn die Freundin meiner Tochter immer wieder über irgendwelche Figuren aus dem TV erzählte, verstanden wir nur Bahnhof. Spongebob, wer? Was hat der gemacht? Sich in einem Netz verfangen? Insgeheim dachte ich: Wie schön es wäre, wenn die Kleine selbst wüsste, wie sich ein Netz anfühlt… Wenn sie wüsste, was man mit so einem Netz in der realen Welt alles anstellen könnte…Ich bin eine Verfechterin der Kindheit mit allen Sinnen. Mit Anfassen und Riechen, mit Dreck und Schweiß und Spiel und Erlebnis. Und ich glaube, dass das viele so sehen. Manche aber eben auch nicht. Da wird dann schon mal der Fernseher zum Babysitter umfunktioniert und das Kind lässt sich berieseln und steht dann allein da mit seinen Gefühlen, die die Bilder in ihm hervorrufen. Natürlich male ich gerade den Teufel an die Wand. Aber eine erfüllte Kindheit stelle ich mir eben anders vor. Nur: Wie das so ist mit Kindern, irgendwann kommt es dann doch anders als man denkt und auch meine Kinder wollten irgendwann fernsehen. Etwa, wenn sie krank waren. Und mittlerweile schauen sie fast täglich. Es schmerzt mich, das zu schreiben, aber es hat sich irgendwie als Abendritual etabliert. Sandmann, danach manchmal noch Yakari. In der Zeit kann ich mal kurz in Ruhe mit meinem Mann quatschen oder den Tisch abräumen. Ja, so ist das. Elternmüdigkeit macht fernsehfreundlich. Auch wenn ich nicht stolz drauf bin.